Rubber, Rabbits and the MagicWand – Teil 4

Fortsetzung von Teil 3b

Sie folgten mit dem Motorrad der alten französischen Bahnlinie. Den Dunstkreis Saigons hinter sich gelassen, wurde die Gegend schnell ländlicher. Das Land des Mekong-Delta, früher Cochin-China genannt, ist relativ flach. In den Siedlungen nahe der Strecke standen kleine Bahnhofsgebäude, die ihren französischen Ursprung nicht verleugnen konnten.
Es waren kleine Nester wie Pleị-Sụb-Plũg oder Lễt-Sdự-Găng-Bậng, die Johanna und Weitwinkel eilig durchrasten, und mit dem Motorrad dürre Hühner und spielende Kinder von der Strecke scheuchten.

Gegen Mittag hatten sie, wie schon eingangs erwähnt, den Ort Phãc-Pệt-Pleị erreicht. In dem Ort hatte sich wohl ein Eisenbahndepot befunden – hier waren mehrere Rosthaufen abgestellt, die zu frührerer Zeit wohl Lokomotiven und Waggons gewesen sein mochten.
„Oh schauen Sie mal… ein Bahnbetriebswerk!“ rief Weitwinkel, in der leisen Hoffnung, Johanna für das ostasiatische Eisenbahnwesen vergangener Tage begeistern zu können.
Johanna ließ sich aber nicht zum anhalten bewegen.
Trocken konterte sie nur: „Sehen Sie mal da, Weitwinkel… da liegt ein amerikanischer Hubschrauber!“
„Ui…“
„Und noch einer…!“
Johanna gab nochmals kräftig Gas, und das Motorrad knatterte weiter die alte Bahnlinie entlang…immer weiter hinauf ins Hochland. Mööööm-möm-möm-möm-möööm-möööööm.
Der Ritt führte die beiden weiter über die verrosteten Schienen und zugewucherten Schwellen der Bahnlinie.
Vorbei an unzähligen Reisfelder, Wasserbüffeln die im Wasser den Eingeborenen als Zugtiere dienten.

Gegen Nachmittag wurde das Gelände gebirgiger. Sie hatten das Dorf Dữm-Dởm-Shlậò-Sứb erreicht. Johanna hielt es nun doch einmal geraten, anzuhalten, und die Karte zu konsultieren. Weitwinkel hatte wieder nur Augen für die Bahnanlagen: „Sehen sie mal dahinten! Da ist wieder ein französischer Bahnhof. Und eine amerikanische Baldwin-Lokomotive steht davor.“
„Das mag sein, Weitwinkel, das mag sein…“ murmelte Johanna. „laut Karte ist hier Endstation. Die französische Bahnlinie endet hier…“
Völlig aneinander vorbei sprach Weitwinkel unentwegt weiter: Ich interessiere mich für die Bahnhöfe weil ich seit diesem Jahr hochoffizieller Bahnhofsbeauftragter bin…“
„Jetzt reichts aber!“ fuhr Johanna ihn an: „Ihre Begeisterung für Dampflokomotiven in allen Ehren, aber mich interssieren im Moment nur meine MagicWands, der Kautschuk dafür, und wie wir zu dem alten Mann kommen!“
„Is ja schon gut…mümpf“ hummelte Athanasius Weitwinkel.
„Sehen Sie dahinten, am Ende des Dorfes? Da geht die Eisenbahnlinie weiter mit einer Brücke über dieses Tal hier – obwohl auf der Karte nichts verzeichnet ist.“
„Vielleicht haben die Japaner die Bahnstrecke im zweiten Weltkrieg verlängert…mümpf?“
„Sieht ganz danach aus. Die kleinen Bunker links und rechts sind eindeutig von den Japanern…. und anscheinend haben die Amerikaner hier im Vietnamkrieg auch kräftig zugeschlagen….“
Sie waren in langsamen Tempo durch das Dorf bis an die Eisenbahnbrücke gerollt. Ein verrostetes Panzerwrack von den Franzosen, zwei Hubschrauberwracks der Amerikaner und die Heckflosse einer abgeschossenen nordvietnamesischen MiG drappierten sich harmonisch links und rechts der Brücke in die Landschaft.

„Und noch ein japanischer Bunker…“ Johanna hielt das Motorrad an. „Auf der anderen Seite muß irgendwo der alte weise Mann leben…!“
Mit einem gewissen Zweifel besah sie sich die Konstruktion der Brücke: eine Hängebrücke, deren verrostete Stahltrossen noch furchteinflößender waren, als die Lücken des Bodenbelags. Stellenweise konnte man durch die Bahnschwellen in die Tiefe schauen – hinab in einen reißenden Fluß.
Weitwinkel war abgestiegen, und besah sich die Brücke näher.
„Ich glaube auch, daß das eine japanische Brücke ist…mümpf…“ – er war an den ersten Stahlträger getreten, der die Stahlseile hielt, an dem die eigentliche Brücke hing.
Mit seiner rechten Pfote strich er ein verrostetes Herstellerschild am Stahlträger frei:
Auf dem Etikett versuchte er etwas zu entziffern. „Moment…hier steht…: „Shibari Ltd., Nagasaki 1942″“
Johanna hob skeptisch ihre gepiercte Augenbraue. „Na Dann hoffen wir mal, daß die Seile gut verknotet sind…“

…to be continued…
https://senior525.wordpress.com/2017/10/15/rubber-rabbits-and-the-magicwand-teil-5/